Symmetrieverletzung und Ursprung der Materie: Experten diskutieren Verletzungen der Symmetrie unter Zeitumkehr

Internationale Physiker zu Gast am Mainz Institute for Theoretical Physics (MITP)

16.04.2013

Etwa 15 renommierte Wissenschaftler der theoretischen und experimentellen Physik aus Spitzenforschungszentren in ganz Europa diskutieren vom 15. bis 16. April neueste Erkenntnisse zum Ursprung der Materie beim Workshop „T Violation and CPT Tests“. Im Mittelpunkt steht das physikalische Problem der Symmetrieverletzung und letztlich die Frage nach den Folgen des Urknalls für die Entstehung der Materie. Veranstaltet wird der Workshop vom MITP, einer Einrichtung des Exzellenzclusters „Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter“ (PRISMA).

Bis jetzt ist immer noch unklar, warum direkt nach dem Urknall mehr Materie als Antimaterie entstanden und daher heute fast keine Antimaterie im Weltall vorhanden ist. Antimaterie wird bei ihrer Entstehung durch das Zusammentreffen mit Materie sofort vernichtet. Der Grund für dieses Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie steht mit einer Verletzung der sogenannten CP-Symmetrie („charge parity“) in Verbindung. Aus der CP-Symmetrie folgt, dass alle Vorgänge in

der Physik ebenso möglich sind, wenn Materie gegen Antimaterie vertauscht wird und eine Raumspiegelung erfolgt. Solche CP-verletzenden Prozesse implizieren aufgrund des fundamentalen CPT-Symmetrie-Theorems auch eine Verletzung der Zeitumkehrtransformation (T).

Beim MITP-Workshop diskutieren die Teilnehmer die erste direkte Messung einer Verletzung der Zeitumkehr-Symmetrie im System neutraler B-Mesonen am BABAR-Experiment des Stanford Linear Accelerator Center (SLAC) in den USA. Zudem sollen die Ergebnisse aus Stanford in Verbindung mit Experimenten zur Verletzung der Zeitumkehrsymmetrie in neutralen Kaon-Systemen bei CPLEAR am Genfer CERN und bei KLOE am Electron-Positron-Collider DAFNE in Italien kritisch diskutiert werden. Einen weiteren thematischen Schwerpunkt bildet die Frage, wie sensitiv derzeitige CPT-Tests sind und welchen Fortschritt man von den Messungen in naher Zukunft erwarten kann.

Der aktuelle Workshop ist bereits der zweite, den das MITP in diesem Jahr veranstaltet. „Unsere Veranstaltungen sind ein wesentliches Element in unserem Cluster, um Top-Physikern aus aller Welt den Wissensaustausch zu ermöglichen und damit neue Erkenntnisse zu fördern“, beschreibt Tobias Hurth, wissenschaftlicher Koordinator des MITP, das Anliegen. Rund 250 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten in dem neuen Forschungsverbund, der über fünf Jahre mit rund 35 Millionen Euro gefördert wird. PRISMA befasst sich mit den grundlegenden Fragen nach den Bausteinen der Materie und ihrer Bedeutung für die Physik des Universums. Das MITP ist eine der Hauptinitiativen des Clusters und soll langfristig die Rolle eines internationalen Theoriezentrums übernehmen. Der nächste MITP-Workshop mit dem Thema „Theoretical issues of gamma rays and photons from dark matter" findet vom 29. Juni bis 2. Juli im Schloss Waldthausen bei Mainz statt.